Computer machen die Schule

Nun haben wir also auch hier in der Schweiz die bekannte Schlagzeile: über Beats Blog bin ich auf den Artikel der SonntagsZeitung von gestern gestossen. Schon wird der Artikel in weiteren Blogs besprochen, z.B. auf TeachersNews. Der Autor des Arikels in der SonntagsZeitung, Balz Spörri, versucht zu zeigen, dass der Einsatz von Computern im Unterricht vor allem viel kostet, aber wenig Nutzen bringt. Er stützt dies mit dem Hinweis auf einige Studien aus den USA und England. Während sich in den USA, so Spörri, nun die Ernüchterung breitmache, wolle man in der Schweiz in den Bereich ICT im Unterricht noch mehr Geld investieren. Den Befürwortern von ICT im Unterricht hält Spörri am Schluss ein Zitat einer Lehrerin aus den USA entgegen.

«Seien wir ehrlich», sagt Mathe-Lehrerin Alice McCormick, «wenn man Mathematik lernen will, tut man das noch immer am besten mit einem Stift und einem Blatt Papier.»

Marc Pilloud hat in Beats Blog eine interessante Antwort gegeben. Wenn man davon ausgehe, dass Computer und Internet ein neues Medium seien, dann würden sie auch unsere Sicht der Welt prägen, sie prägen also unser Denken und Tun. Daraus folgert er, dass man nicht einfach erst nach dem Schulaustritt lernen kann, wie man den Computer einsetzen kann. Er geht sogar so weit, dass er in Zweifel zieht, ob jemand, der nicht in dieser digitalen Kultur zu Hause ist, begreifen und messen kann, welche Fortschritte jemand in dieser Kultur macht:

Es ist zu vermuten, das Menschen die nicht in dieser Digitalen-Denk-Kultur leben, diese nicht messen, beurteilen, bewerten, ja kaum mehr wahrnehmen können als ein Phänomen, dass in ihren Begriffen nicht vollständig zu fassen ist.

In diesem Zusammenhang fällt mir jetzt tatsächlich auf, dass ich immer sehr skeptisch gegenüber "externer Kritik" von Leuten gewesen bin, die unser Bildungssystem noch ohne ICT durchlaufen haben. Wenn wir tatsächlich Lernerfolg klassisch messen, etwa indem wir messen, welches Wissen sich die Schüler angeeignet haben in einer gewissen Zeit, dann dürften die Resultate schlecht ausfallen, da der Computer, vor allem am Anfang, eher von solchem Lernerfolg ablenkt. Einmal sind es die technischen Schwierigkeiten, mit denen nicht nur wir Lehrer, sondern auch die Schüler zu kämpfen haben, dann ist es das riesige Ablenkungspotenzial, das uns das Internet bietet.

Aber ich lasse mich ja auch nicht durch organisatorische Schwierigkeiten z.B. von Exkursionen und andern ausserschulischen Anlässen abhalten. Dies scheint mir durchaus vergleichbar mit Schwierigkeiten mit Computern im Unterricht. Ich besuche eine Theateraufführung, weil sie an sich für die Schüler wichtig ist. Wir organisieren schulische Sportanlässe, weil sie für unsere Gemeinschaft wichtig sind. So können wir sagen, dass wir Computer im Unterricht einsetzen, weil sie einfach wichtig sind, weil sie Teil unserer Kultur geworden sind. Sie sind ganz einfach da, auch wenn viele sie lieber nicht in der Schule hätten.

Schliesslich verlangen wir von den Schülern auch, dass sie Zeitungen lesen, sich über das Fernsehen auf dem Laufenden halten oder dass sie auch Bibliotheken besuchen. All das bietet aber auch reichhaltiges Potenzial für Ablenkungen. Aber wir wissen, dass man gerade durch scheinbare Ablenkungen auch ganz wichtige Impulse bekommt, ja dass unser Leben generell aus Ablenkungen besteht. Was schliesslich heute als Ablenkung gilt, kann sich in einer neuen Situation als wichtig für das Lösen eines Problems herausstellen.

Und wenn wir den Unterricht auch ohne Computer machen, zu Hause spätestens schalten viele unserer Kids den Compi ein, chatten über MSN, lesen Beiträge in Foren, tauschen ihre Hausaufgaben aus. Viele Klassen organisieren ihre Freizeit über eigene Diskussionsforen. Wenn wir im regulären Schulunterricht den Computer einsetzen, dann haben zumindest alle Schüler die Chance, dieses Medium tatsächlich richtig kennen zu lernen, also müsste man schon aus diesem sozialen Gedanken heraus eigentlich den vermehrten Einsatz von Computern im Unterricht befürworten.

Nur noch so nebenbei: auf einer Seite von PC-Welt kann man lesen, dass sich in Deutschland 60.2 Prozent der Bundesbürger über 14 Jahren mehr oder weniger regelmässig im Internet aufhalten. 22.2 Millionen zählt man zu den "Offlinern". Das Durchschnittsalter beträgt in dieser Gruppe 61.9 Jahre.

Eine Antwort auf „Computer machen die Schule“

  1. In regelmässigen Abständen erscheinen in der Presse kritische Beiträge zum Einsatz von ICT im Unterricht. Ausgelöst durch den Beitrag in der New York Times am 4.5.07, erschien zuerst im Spiegel ein längerer kritischer Beitrag z

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