Sind Geisteswissenschaften Wissenschaften?

Im Blog ideologiekritik.blogsport.de habe ich einen interessanten Artikel gefunden. Ich möchte auf einige Punkte daraus eingehen.

Der einzelne Wissenschaftler braucht sich seine Lehrmeinung nicht wegnehmen zu lassen, weder von Kollegen, noch von einem besseren Argument. Es ist sein Recht, sie zu haben, aber er hat umgekehrt die Pflicht, neben seiner Lehrmeinung die des anderen gelten zu lassen.

Dies ist nicht etwa eine Forderung, die der Schreiber stellt, sondern diese Haltung, die in der heutigen Geisteswissenschaft gelten soll, wird scharf kritisiert.

Man muss sich in diesem Zusammenhang die Frage stellen, wie objektiv denn die Resultate geisteswissenschaftlicher Forschung überhaupt sind – neben der Frage natürlich, was denn überhaupt “Geisteswissenschaften” sind. Ich kann nicht für alle Geisteswissenschaften reden, ich habe mich intensiv mit der Germanisitik beschäftigt.

Vor längerer Zeit schon habe ich die Behauptung aufgestellt, dass die Germanisten, wenn sie Texte interpretieren, eigentlich nur persönliche Werturteile abgeben. In den 80er Jahren kam frischer Wind in die Germanistik, alles schien sich zu ändern. Man sprach über wissenschaftliche Standards, man kritisierte alte Autoritäten, die mit einfühlenden Methoden zu sicheren Ergebnissen kommen wollten. Mittlerweile sind wir in der Germanistik wieder bei den Hermeneutik gelandet, oder eben zurück im Pluralismus. Literaturkritiker streiten sich im Fernsehen an der Öffentlichkeit und zelebrieren diese neue Hermeneutik.

Meine Beobachtungen stützen die These aus der Ideologiekritik. Professoren wollen sich ihre Stellen nicht streitig machen wollen, Literaturkritiker wollen Fernsehstars werden. Wir haben uns in der Germanistik wieder einen Schritt weiter von den wissenschaftlichen Standards entferntm die in Naturwissenschaften seit langer Zeit selbstverständlich geworden sind.

Im Blog der Ideologiekritik werden zwei Folgen aus dieser Situation dargestellt:

Die Geisteswissenschaftler beschäftigen sich nicht mehr objektiv mit einer Sache, man streitet sich nicht mehr über ein Objekt, weil wir ja ohnehin nichts Genaues mehr wissen können.

Es “wird die Autorität des Wissens durch die Autorität der Lehrbefugnis ersetzt. Der Dozent hat als letztes Argument für seine Auffassung, dass er der Dozent ist und den Schein zu vergeben hat.”Dem kann ich nur beifügen, dass auch dies mit meinen Beobachtungen übereinstimmt. Man kann sich kritisch zur Möglichkeit “geisteswissenschaftlicher Objektivität” stellen, letztendlich aber ist das Streiten über vermeintliche Tatsachen das allerwichtigste. Autorität sollte nur das bessere Argument haben. Ich werde mich in einem weiteren Blog mit dem Thema des besseren Argumentes beschäftigen.

 

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