Uwe Timm – Johannisnacht

Johannisnacht Book Cover Johannisnacht
Uwe Timm
Kiepenheuer & Witsch, Köln
1996

Einen Artikel über die Geschichte der Kartoffel soll er schreiben - und entsprechendes Material vermutet der Erzähler aus München in Berlin. Drei tolle Tage und Nächte warten hier auf ihn - um die Mittsommernacht, als Christo den Reichstag verhüllt. Von West nach Ost, quer durch alle Schichten und Szenen führen ihn seine Recherchen, mit Tuaregs und Technomädchen, Waffenhändlern und Friseuren kommt er in Verbindung und gerät in eine aberwitzige Folge von Verwicklungen und Abenteuern.

Eine witzige Geschichte, die in Berlin nach der Wende spielt und die so nebenbei auch einiges aus der Vergangenheit dieser Stadt offenbart. Uwe Timm zeigt hier eine Freude am Fabulieren, die auf Leser ansteckend wirken kann. Ich lese das Buch im Moment mit einer Schulklasse. Die Schülerinnen und Schüler sind manchmal durch die scheinbar wirre Handlungsführung allerdings etwas irritiert, zugleich aber auch fasziniert. Zunehmend beginnen sie Leitmotive zu erkennen und zu deuten. Oft allerdings bin ich der einzige, der die wirren Sachen lustig findet.
Uwe Timm gehört zu meinen Lieblingsautoren. Ich mag diese Fabulierfreude und die manchmal absurd scheinenden Geschichten, die auf einer höheren – oder tieferen – Ebene plötzlich in neue Sinnzusammenhänge gebracht werden können. So habe ich mit der Klasse bisher die Kreis- und Ringsymbolik genauer angeschaut und den Zusammenhang zur Odysee-Thematik hergestellt.

Verbrecher-Verlag meldet Lieferprobleme

Wie man in einem Artikel von Buchreport.de lesen kann, gibt es Lieferschwierigkeiten beim Buch von Dilek Güngörs. Nur zur Information, diese Lieferschwierigkeiten gelten nicht für das Ebook.

Gerade erst wurde Dilek Güngörs Buch „Vater und ich“ für die Longlist des Deutschen Buchpreises 2021 nominiert. Doch der Berliner Verbrecher Verlag meldet: Die Auslieferung pausiert.Der Verlag nennt „allgemein bekannte Produktionsschwierigkeiten in den Druckereien“ als Ursache für den Stopp. Erst ab Ende dieser Woche rechnet der Verlag mit einer Normalisierung.

Quelle: Verbrecher-Verlag meldet Lieferprobleme – buchreport

Ulrike Draesner – Sieben Sprünge vom Rand der Welt

Sieben Sprünge vom Rand der Welt Book Cover Sieben Sprünge vom Rand der Welt
Ulrike Draesner
Roman
Luchterhand Literaturverlag
2014
560

Was es bedeutet, die Heimat zu verlieren.

Ulrike Draesner kreuzt die Lebenswege der schlesischen Grolmanns mit dem Schicksal einer aus Ostpolen nach Wroclaw vertriebenen Familie. Vier Generationen kommen zu Wort. Virtuos entwirft der Roman ein Kaleidoskop der Erinnerungen, die sich zu immer neuen Bildern fügen. Sie zeigen, wie durch Zwangsmigration zugefügte Traumata sich auswirken, wie seelische Landschaften sich von einer Generation in die nächste weiterstempeln. Die Geschichten der Grolmanns und der Nienaltowskis werden zum Spiegel von hundert Jahren mitteleuropäischer Geschichte. Mitreißend und poetisch erzählt die Autorin von den Mühen und Seligkeiten der Liebe zwischen Eltern und Kindern, von Luftwurzeln, Freiheit und Migration.

Autorentext
Ulrike Draesner, 1962 in München geboren, lebt in Berlin und Leipzig. Sie schreibt Romane, Erzählungen, Essays und Gedichte und interessiert sich für Naturwissenschaften ebenso wie für kulturelle Debatten. Für ihre Romane und Gedichte wurde Ulrike Draesner mehrfach ausgezeichnet, u. a. mit dem Bayerischen Buchpreis, dem Deutschen Preis für Nature Writing, dem Preis der LiteraTour Nord, dem Ida-Dehmel-Literaturpreis (alle 2020), dem Gertrud-Kolmar-Preis (2019) und dem Nicolas-Born-Preis (2016). Von 2015 bis 2017 lehrte sie an der Universität Oxford, seit April 2018 ist sie Professorin am Deutschen Literaturinstitut Leipzig. »Ulrike Draesner ist eine der bedeutendsten deutschen Schriftstellerinnen der Gegenwart. Als Romanautorin, Lyrikerin, Essayistin und Übersetzerin besonders erwähnenswert sind ihre Übersetzungen der diesjährigen Nobelpreisträgerin Louise Glück ins Deutsche , hat sie breite Anerkennung erlangt.« Times Literary Supplement

Ines Geipel – Umkämpfte Zone

Umkämpfte Zone Book Cover Umkämpfte Zone
Ines Geipel
Klett-Clotta
2019
256

Woher kommt die große Wut im Osten? Fremdenfeindlichkeit und Hass auf »den Staat«: Verlieren wir den Osten Deutschlands? Das Buch sucht Antworten auf das Warum der Radikalisierung, ohne die aktuell bestimmende Opfererzählung nach 1989 zu bedienen. Es erzählt von den Schweigegeboten nach dem Ende der NS-Zeit, der Geschichtsklitterung der DDR und den politischen Umschreibungen nach der deutschen Einheit. Verdrängung und Verleugnung prägen die Gesellschaft bis ins Private hinein, wie die Autorin mit der eigenen Familiengeschichte eindrucksvoll erzählt. »Ein wirklich grandioses Buch. Kein Wort zu viel und jeder einzelne Satz ein Volltreffer. Eins der wichtigsten Bücher des Jahres.« Markus Lanz, ZDF - Markus Lanz, 11.04.2019

Zur Autorin:

Ines Geipel, geboren 1960, ist Schriftstellerin und Professorin für Verskunst an der Berliner Hochschule für Schauspielkunst »Ernst Busch«. Die ehemalige Weltklasse-Sprinterin floh 1989 nach ihrem Germanistik-Studium aus Jena nach Westdeutschland und studierte in Darmstadt Philosophie und Soziologie. Sie lebt in Berlin und hat vielfach zu Themen der Geschichte des Ostens publiziert.

Klappentext:

Fremdenfeindlichkeit und Hass auf »den Staat«: Verlieren wir den Osten Deutschlands? Das Buch sucht Antworten auf das Warum der Radikalisierung, ohne die aktuell bestimmende Opfererzählung nach 1989 zu bedienen. Es erzählt von den Schweigegeboten nach dem Ende der NS-Zeit, der Geschichtsklitterung der DDR und den politischen Umschreibungen nach der deutschen Einheit. Verdrängung und Verleugnung prägen die Gesellschaft bis ins Private hinein, wie die Autorin mit der eigenen Familiengeschichte eindrucksvoll erzählt. Seit 2015 haben sich die politischen Koordinaten unseres Landes stark verändert – insbesondere im Osten Deutschlands. Was hat die breite Zustimmung zu Pegida, AfD und rechtsextremem Gedankengut möglich gemacht? Ines Geipel folgt den politischen Mythenbildungen des neu gegründeten DDR-Staates, seinen Schweigegeboten, Lügen und seinem Angstsystem, das alles ideologisch Unpassende harsch attackierte. Seriöse Vergangenheitsbewältigung konnte unter diesen Umständen nicht stattfinden. Vielmehr wurde eine gezielte Vergessenspolitik wirksam, die sich auch in den Familien spiegelte – paradigmatisch sichtbar in der Familiengeschichte der Autorin. Gemeinsam mit ihrem Bruder, den sie in seinen letzten Lebenswochen begleitete, steigt Ines Geipel in die »Krypta der Familie« hinab. Verdrängtes und Verleugnetes in der Familie korrespondiert mit dem kollektiven Gedächtnisverlust. Die Spuren führen zu unserer nationalen Krise in Deutschland.

Quellen: Klett-Cotta, Ex-Libris

Ines Geipel erhält den Maireluise-Fleisser-Preis 2021

image

Seit 1981 wird der der Marieluise-Fleisser-Preis zum Gedenken an Marieluise Fleisser von der Stadt Ingolstadt vergeben, seit 2001 jedes zweite Jahr. Die Übergabe des Preises erfolgt jeweils am 23. November, dem Geburtstag von Fleisser. Seit 2002 ist der Preis mit 10’000 Euro dotiert. Mit der Übernahme des Archivs von Marie-Luise Fleissner entstand für Ingolstadt die Verpflichtung zur Vergabe dieses Preises.

Der „Marieluise-Fleißer-Preis“ dient der Förderung deutschsprachiger Autorinnen und Autoren, die – wie im Werk der Marieluise Fleißer – den Konflikt zwischen unerfüllten Glücksansprüchen und alltäglichen Lebenswelten zum zentralen Thema haben.

Literaturport.de

In diesem Jahr also erhält Ines Geipel den Preis, dies hat der Stadtrat am 29. Juli beschlossen.

Zu Ines Geissler lesen wir auf buchmarkt.de:

Ines Geipel, 1960 in Dresden geboren, studierte nach Abbruch ihrer Spitzensport-Karriere bis zu ihrer Flucht aus der DDR im Sommer 1989 Germanistik in Jena, danach Philosophie in Darmstadt. Seit 1996 ist sie Schriftstellerin und lehrt Verskunst an der Hochschule für Schauspielkunst Ernst Busch, Berlin.

Die politisch engagierte Autorin und Publizistin hat mehr als zwanzig Bücher und Essays verfasst. Ihr jüngstes Buch Umkämpfte Zone. Mein Bruder, der Osten und der Hass (2019) schildert die gegenwärtige Entwicklung der Situation in Ostdeutschland. In ihren Werken setzt sich Ines Geipel mit ihren prägenden Erfahrungen in der DDR auseinander.

Für ihre schriftstellerische Tätigkeit und ihr gesellschaftspolitisches Engagement bekam sie unter anderem folgende Auszeichnungen: den Antiquaria-Preis für Buchkultur (2011), den Karl-Wilhelm-Fricke-Preis als Sonderpreis (2019) sowie den Lessing-Preis für Kritik (2020).

2011 erhielt sie für ihr schriftstellerisches und politisches Engagement das Bundesverdienstkreuz.

In ihrem neusten Werk “Umkämpfte Zone”, das im Jahr 2019 erschienen ist, schildert sie die gegenwärtige Entwicklung der Situation in Ostdeutschland.

Es gibt keine Maikäfer mehr

books-1842261_1280

Es gibt keine Maikäfer mehr, so sang Reinhard Mey vor Jahren. Er beklagte sich in diesem Lied, dass das neue Parkhaus die alten Bäume mit den Maikäfern verdrängt habe. An die Parkhäuser haben wir uns mittlerweile gewöhnt, an die vielen abgeholzten Hecken haben wir uns gewöhnt, die früher die Felder unterteilt haben. Und mit den Feldern sind auch viele andere Tierarten verschwunden. Benedict Wells hat in diesem Jahr, genauer gesagt am 24. Februar 2021, sein neues Buch Hard Land herausgegeben. Auf der Webseite zu diesem Buch schreibt Wells, es sei in diesen Corona-Zeiten wichtig, dass der stationäre Buchhandel unterstützt werde. Er ruft die Leser dazu auf, die Bücher in Buchhandlungen zu kaufen, „denn gerade in Corona-Zeiten ist es wichtig, den stationären Buchhandel zu unterstützen.“ Die Buchhandlungen würde genau so schnell wie der Onlinehandel liefern, seien immer erreichbar und würden sich über jeden Auftrag freuen. Aus diesem Grund werde sein Buch erstmal nicht als E-Book erscheinen. In einer längeren Antwort auf eine Anfrage auf Facebook führt Wells seine Argumente aus. Er habe erlebt, wie alle Schallplattenläden verschwunden seien, er wolle nicht, dass dies auch die Buchhandlungen treffe.
Nein, Herr Wells, die Buchhandlungen sind nicht immer erreichbar und an vielen Orten hat es gar keine mehr. An vielen Orten hat man zudem erlebt, dass grössere Buchhandlungen die kleineren übernommen haben, dass es zu einer Konzentration gekommen ist, wie wir es überall feststellen in der Wirtschaft. Es ist übrigens erstaunlich, dass Steve Jobs letztlich die Langspielplatte oder die CD mit seinem iPod verdrängt hat – und nicht Microsoft, die Firma, die mächtiger war. Letztlich hat der iPod Jobs dann seinen riesigen Ruhm beschert. Anschließend kam der Film an die Reihe, das Kino ist zwar nicht verschwunden, aber viele – auch Benedict Wells, wie er schreibt, haben während der Pandemie sich an Netflix-Produktionen erfreut. Und jetzt droht dem Buchhandel also der Ruin. Nur, diese Entwicklung ist nicht neu, sie begann in den 90er Jahren, nur hat sie niemand damals ernst genommen. Noch jetzt wird die Entwicklung nicht ernst genommen. Aus diesem Grund ist die Branche stolz, dass im letzten Jahr in Deutschland nur 10% E-Books verkauft worden sind. Aber warum wohl? Weil das Angebot fehlt. Der Buchhandel hat ganz einfach Angst vor dieser Entwicklung und setzt alles daran, dass die Entwicklung nicht stattfindet. Wie wäre es aber, wenn man eine neue Geschäftsidee entwickeln würde? Ein Streaming-Angebot für E-Books? Es wäre höchste Zeit. Die Entwicklung lässt sich nicht aufhalten. Viele Menschen haben keinen Zugang zu gedruckten Büchern oder sie haben Mühe, diese zu lesen. Es gibt sehr viele Gründe, warum man gerne E-Books liest. Und dass man sie nicht in der lokalen Buchhandlung kaufen kann, da kann der Leser nichts dafür. Das Internet hat schon vieles verändert und die Veränderungen werden in schnellem Tempo weitergehen. Da kann Benedict Wells vielleicht ein wenig sein Gewissen beruhigen, aber die Entwicklung lässt sich nicht stoppen. Es ist übrigens absurd, ich habe die Lesung von Benedict Wells anlässlich der Solothurner Literaturtage über das Internet gestreamt. Sein Buch aber ist nicht digital erhältlich. Die Maikäfer sind nicht vollständig verschwunden, nur von dort, wo jetzt die Parkhäuser stehen. Auch die Bücher werden nicht ganz verschwinden, das E-Book wird sie nicht vollends verdrängen, die kleinen Buchhandlungen allerdings werden es sehr schwer haben.

Quelle: Benedict Wells – Buchstart und eine Bitte

Preis der Leipziger Buchmesse

Den Preis der Leipziger Buchmesse in der Kategorie “Belletristik” geht an Iris Hanika für ihren Roman “Echos Kammern”, im Bereich “Sachbuch/Essayistik” wurde die Ethnologin Heike Behrend ausgezeichnet für ihr Buch “Menschwerdung eines Affen. Eine Autobiografie der ethnografischen Forschung”. Im Bereich “Übersetzung” schliesslich wurde Timea Tankó ausgezeichnet, die »Apropos Casanova. Das Brevier des Heiligen Orpheus« von Miklós Szentkuthy aus dem Ungarischen übersetzt hat.

Wolfgang Tischer hat in seinem Beitrag “Wie die Verkündung der Impfreihenfolge: Preis der Leipziger Buchmesse vergeben” Folgendes geschrieben:

Preisträgerin Iris Hanika war sichtlich erstaunt und erfreut. Sie prustete los wie ein kleines Kind, dem die Erwachsenen verboten haben, in der Kirche zu lachen. Die Verleihung des Preises der Leipziger Buchmesse 2021 bewegte sich ansonsten emotional und optisch irgendwo zwischen Totenfeier und FDP-Parteitag.

Hinter breiten blockierenden Tischpultungetümen, im Bühnenlicht zwischen weiß und gelb changierend, saßen sechs Jury-Mitglieder, während deren Vorsitzender Jens Bisky rechts am Rednerpult stand. Auf der linken Seite war Buchmessedirektor Oliver Zille hinterpultet. Die Namen groß an den klobigen Blöcken angebracht, wirkte der Livestream optisch wie ein FDP-Parteitag in den 1980er-Jahren. Das Wort hat der Delegierte Platthaus.

Weitere Beiträge zur Preisverleihung:

Bücher-Podcasts

Da die Buchmesse in Leipzig dieses Jahr wiederum nicht stattfinden wird, präsentiert “der Freitag” schon ab dem 21. April und noch bis Ende Mai jeweils Gespräche mit Autorinnen und Autoren. “Die Leipziger Buchmesse fällt leider erneut aus. Wir treffen Autorinnen und Autoren daher im digitalen Raum”, so wird dies angekündigt.

Der erste Podcast ist ein Gespräch zwischen Sebastian Puscher und der deutschen Politikerin und Publizistin Sahra Wagenknecht. Zu diesem Gespräch lesen wir auf der Webseite:

Urban, divers, kosmopolitisch, individualistisch – links ist für viele heute vor allem eine Lifestylefrage, so die Kritik von Sahra Wagenknecht. In ihrem kontrovers diskutierten Buch zeichnet sie eine Alternative zu einem Linksliberalismus, der sich progressiv wähnt, aber die Gesellschaft weiter spaltet, weil er sich nur für das eigene Milieu interessiert und Diskriminierung aufgrund sozialer Herkunft ignoriert.

In einem zweiten Podcast spricht Martina Mescher Laura Backes und Margherita Bettoni zum Thema “Alle drei Tage ein Femizid“. Zu diesem Podcast lesen wir auf der Webseite.

Jeden Tag versucht in Deutschland ein Mann, seine Frau umzubringen. Alle drei Tage wird eine Frau von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet. Hinzu kommen die Morde an Frauen durch ihnen unbekannte Täter. Diese Verbrechen sind keine Ehrenmorde oder Beziehungstaten, sondern Femizide: Morde, die an Frauen verübt werden, weil sie Frauen sind. Laura Backes und Margherita Bettoni zeigen in ihrem aufrüttelnden Buch, dass die Tötung von Frauen aufgrund ihres Geschlechts auch bei uns ein ernsthaftes gesamtgesellschaftliches Problem ist.

Hier geht es zu den Podcasts.