Neuigkeiten aus Italien

Seit einiger Zeit bin ich in Italien. Da erreicht mich hier die folgende Neuigkeit:

Torino, un netbook a ogni studente.

Interessanterweise bin ich durch einen längeren Beitrag auf BBC auf diesen Schulversuch aufmerksam gemacht worden. Schüler einer Schule in Turin erhalten alle einen speziellen Laptop, der ihr ganzes Curriculum enthält. Die Schüler sollen den Computer für das Lesen und Schreiben verwenden. Die Geräte sind wasserdicht, sie kosten weniger als 400$ und stammen von der italienischen Firma Olidata. Das Experiment soll ein Jahr lang dauern und soll zeigen, wie der Computer das Lernen beeinflussen kann.

Internet und Computer an Schulen – eine Antwort auf den NZZ-Artikel vom 6.11.07

NZZ

In regelmässigen Abständen erscheinen in der Presse kritische Beiträge zum Einsatz von ICT im Unterricht. Ausgelöst durch den Beitrag in der New York Times am 4.5.07, erschien zuerst im Spiegel ein längerer kritischer Beitrag zum Computereinsatz in Schulstunden, dann auch in der Schweizer Sonntagspresse. Nachdem Milliarden in die Technisierung der Schulhäuser investiert worden ist, sei derUnterricht dadurch nicht besser geworden, so lautet die einhellige Meinung. Der neue NZZ-Artikel formuliert etwas vorsichtiger, man sei „sich über den Nutzen der neuen Technologie in der Schule noch nicht im Klaren.“ Es fehle an Untersuchungen in der Schweiz, „die den positiven Einfluss von ICT auf die Leistung der Schüler nachweisen könnten“. Wir seien noch nicht über die Experimentierphase hinausgekommen.

Es stimmt sicher, viel Geld ist in die Vernetzung der Schulen investiert worden. Teilweise hatten die Verantwortlichen übertrieben hohe Erwartungen in den pädagogischen Nutzen der neuen Technologien. Andererseits wusste man nicht, wie diese neuen Technologien pädagogisch überhaupt sinnvoll angewendet werden konnten.

Aber im Ernst: Niemand hat doch ernsthaft geglaubt, dass die Schüler durch den Einsatz von Computern schneller lesen, rechnen und schreiben lernen. Niemand hat geglaubt, dass sich Schulleistungen allein durch die Anwesenheit von Computern verbessern lassen.

Und was hat man mit den riesigen Investitionen erreicht? Man hat mit diesem Geld nicht nur Computer angeschafft, man hat auch sehr viele Lehrpersonen in Kaderlehrgängen weitergebildet. Diese Lehrpersonen haben viele Unterrichtsbeispiele – sogenannte pädagogische Szenarien – erarbeitet, die für alle Lehrkräfte frei zugänglich sind. Wenn man diese Beispiele genau studiert, dann ist es blanker Hohn, hier einfach von einer Experimentierphase zu sprechen. Diese ausgebildeten Fachleute erteilen jetzt Weiterbildungskurse an Schulen und an pädagogischen Fachhochschulen. Zudem sind neuen Lehrplänen erstellt worden, die den Einsatz von ICT im Unterricht auf den verschiedenen Schulstufen regeln. Ist dies eine Experimentierphase? Ich würde es eher eine Aufbruchphase nennen. Jetzt müssten diese Lehrplanvorschläge von den zuständigen politischen Instanzen in Kraft gesetzt werden, dann werden wir die entsprechenden Veränderungen schon zu spüren bekommen.

Vielleicht greift die PISA-Studie ja zu kurz. Wäre es nicht an der Zeit, neben Lesen, Schreiben und Rechnen auch Medienkompetenz in die Messung aufzunehmen? Die Welt hat sich stark verändert, wer heute bestehen will, braucht weitere Kompetenzen, der Umgang mit Computern gehört dazu, vielleicht auch das Sich-Bewegen in sozialen Netzwerken.Die oberflächliche Kritik am Einsatz von ICT im Unterricht geht ganz einfach von einem traditionellen Verständnis von Bildung aus und bemängelt, dass die Informationstechnologien keinen oder nur einen sehr geringen Beitrag zu dieser Bildung leisten können.

Der NZZ-Artikel ist mit meinem Kommentar auch hier zu finden.

„Internet und Computer an Schulen – eine Antwort auf den NZZ-Artikel vom 6.11.07“ weiterlesen

Aufsatz auf dem Laptop

Heute Morgen war es soweit, die erste Klasse hat einen Aufsatz bei mir auf dem PC geschrieben. 8 Schüler haben ihren eigenen Laptop mitgebracht,weil sie lieber mit dem für sie gewohnten Gerät schreiben wollten, die andern schrieben auf einem PC im Computerraum. Die Schüler selbst hatten dies gewünscht, zuerst wollen nur wenige, dann immer mehr, schliesslich wollte nur noch eine Schülerin ihren Aufsatz von Hans schreiben. Aber auch sie schrieb dann mit dem PC. Meine Schreibbogen blieben ungenutzt.

Die Schüler mussten einen normalen Erörterungsaufsatz schreiben, u.a. zum Thema “Schule ohne Noten?”.

Hier einige Eindrücke.

Aufsatz02

Aufsatz03 Aufsatz04

Was mir aufgefallen ist:

  • Es herrschte eine sehr ruhige Athmosphäre, es war sogar ruhiger als während einer normalen Aufsatzstunde.
  • Die Schüler wirkten lockerer, es gab eigentlich keinen zeitlichen Stress, die für viele sehr aufwändige Reinschrift war nicht mehr nötig.
  • Viele arbeiteten zuerst traditionell mit Notizpapier, erstellten dort grafisch ein Brainstorming. Andere machten auch diese Gliederungsarbeit bereits mit dem Computer.

Computer machen die Schule

Nun haben wir also auch hier in der Schweiz die bekannte Schlagzeile: über Beats Blog bin ich auf den Artikel der SonntagsZeitung von gestern gestossen. Schon wird der Artikel in weiteren Blogs besprochen, z.B. auf TeachersNews. Der Autor des Arikels in der SonntagsZeitung, Balz Spörri, versucht zu zeigen, dass der Einsatz von Computern im Unterricht vor allem viel kostet, aber wenig Nutzen bringt. Er stützt dies mit dem Hinweis auf einige Studien aus den USA und England. Während sich in den USA, so Spörri, nun die Ernüchterung breitmache, wolle man in der Schweiz in den Bereich ICT im Unterricht noch mehr Geld investieren. Den Befürwortern von ICT im Unterricht hält Spörri am Schluss ein Zitat einer Lehrerin aus den USA entgegen.

«Seien wir ehrlich», sagt Mathe-Lehrerin Alice McCormick, «wenn man Mathematik lernen will, tut man das noch immer am besten mit einem Stift und einem Blatt Papier.»

Marc Pilloud hat in Beats Blog eine interessante Antwort gegeben. Wenn man davon ausgehe, dass Computer und Internet ein neues Medium seien, dann würden sie auch unsere Sicht der Welt prägen, sie prägen also unser Denken und Tun. Daraus folgert er, dass man nicht einfach erst nach dem Schulaustritt lernen kann, wie man den Computer einsetzen kann. Er geht sogar so weit, dass er in Zweifel zieht, ob jemand, der nicht in dieser digitalen Kultur zu Hause ist, begreifen und messen kann, welche Fortschritte jemand in dieser Kultur macht:

Es ist zu vermuten, das Menschen die nicht in dieser Digitalen-Denk-Kultur leben, diese nicht messen, beurteilen, bewerten, ja kaum mehr wahrnehmen können als ein Phänomen, dass in ihren Begriffen nicht vollständig zu fassen ist.

In diesem Zusammenhang fällt mir jetzt tatsächlich auf, dass ich immer sehr skeptisch gegenüber "externer Kritik" von Leuten gewesen bin, die unser Bildungssystem noch ohne ICT durchlaufen haben. Wenn wir tatsächlich Lernerfolg klassisch messen, etwa indem wir messen, welches Wissen sich die Schüler angeeignet haben in einer gewissen Zeit, dann dürften die Resultate schlecht ausfallen, da der Computer, vor allem am Anfang, eher von solchem Lernerfolg ablenkt. Einmal sind es die technischen Schwierigkeiten, mit denen nicht nur wir Lehrer, sondern auch die Schüler zu kämpfen haben, dann ist es das riesige Ablenkungspotenzial, das uns das Internet bietet.

Aber ich lasse mich ja auch nicht durch organisatorische Schwierigkeiten z.B. von Exkursionen und andern ausserschulischen Anlässen abhalten. Dies scheint mir durchaus vergleichbar mit Schwierigkeiten mit Computern im Unterricht. Ich besuche eine Theateraufführung, weil sie an sich für die Schüler wichtig ist. Wir organisieren schulische Sportanlässe, weil sie für unsere Gemeinschaft wichtig sind. So können wir sagen, dass wir Computer im Unterricht einsetzen, weil sie einfach wichtig sind, weil sie Teil unserer Kultur geworden sind. Sie sind ganz einfach da, auch wenn viele sie lieber nicht in der Schule hätten.

Schliesslich verlangen wir von den Schülern auch, dass sie Zeitungen lesen, sich über das Fernsehen auf dem Laufenden halten oder dass sie auch Bibliotheken besuchen. All das bietet aber auch reichhaltiges Potenzial für Ablenkungen. Aber wir wissen, dass man gerade durch scheinbare Ablenkungen auch ganz wichtige Impulse bekommt, ja dass unser Leben generell aus Ablenkungen besteht. Was schliesslich heute als Ablenkung gilt, kann sich in einer neuen Situation als wichtig für das Lösen eines Problems herausstellen.

Und wenn wir den Unterricht auch ohne Computer machen, zu Hause spätestens schalten viele unserer Kids den Compi ein, chatten über MSN, lesen Beiträge in Foren, tauschen ihre Hausaufgaben aus. Viele Klassen organisieren ihre Freizeit über eigene Diskussionsforen. Wenn wir im regulären Schulunterricht den Computer einsetzen, dann haben zumindest alle Schüler die Chance, dieses Medium tatsächlich richtig kennen zu lernen, also müsste man schon aus diesem sozialen Gedanken heraus eigentlich den vermehrten Einsatz von Computern im Unterricht befürworten.

Nur noch so nebenbei: auf einer Seite von PC-Welt kann man lesen, dass sich in Deutschland 60.2 Prozent der Bundesbürger über 14 Jahren mehr oder weniger regelmässig im Internet aufhalten. 22.2 Millionen zählt man zu den "Offlinern". Das Durchschnittsalter beträgt in dieser Gruppe 61.9 Jahre.

Ein Laptop für jeden Schüler

Wie man auf der Homepage der St. John Vianney High School in Holmdel NJ lesen kann, bekommt jeder neu eintretende Schüler einen Tablet PC für die Schulzeit. In allen Fächern – ausser Religion – werde der Computer verwendet. Ein Blick auf die Homepage der Schule zeigt auch, dass die Schule professionell gegen aussen auftritt. Gefunden habe ich den Hinweis auf The Tablet PC Education Blog. Leider gibt die Homepage keinen Einblick in die Art des Unterrichts, der dort stattfindet und die Art des Computereinsatzes.

Computer gehören ins Schulzimmer

Man erinnert sich noch gut an die Debatte darüber, ob jeder Schüler einen Laptop braucht. Schon vor drei Wochen ist im Spiegel online ein neuer Artikel über den Einsatz von Computern an Schulen erschienen. Diesmal ein Artikel, der positive Erfahrungen in einer Schule in den USA (Soul Road School, New York) in den Vordergrund stellt. Im Lead lesen wir:

US-Schulen rüsten ihre Computer ab – was für ein Unsinn, finden Lehrer und Schüler der Soul Road School in Syracuse. "Wer Computern abschwört, schwört der Zukunft ab." Hier wird mit Displays, Scannern, Powerpoint gelernt.

Im ganzen Artikel kommen Lehrer und der Direktor der Schule zu Wort, die sich positiv zum Einsatz von Computern im Unterricht äussern. Mich überzeugen die Argumente des Direktors für den Einsatz von Computern im Unterricht:

  • Dank moderner Technik haben die Jugendlichen mehr Spass am Unterricht.
  • Computer sind Teil der Lebenswelt von Jugendlichen, man kann sie nicht aus dem Unterricht verbannen.
  • Unsere Jugendliche müssen auch technisch ausgebildet werden, wir verlieren sonst den Anschluss an die technologische Entwicklung.

Interessant ist dann aber, dass der Berichterstatter fast ausschliesslich Beispiele von Computereinsatz an dieser Schule zeigt, die lehrerzentriert sind: Powerpoint, ein digitales Mikroskop, digitale Tafel. Ganz zu Beginn eine Beschreibung eines Mädchens, das offenbar selber am Computer gewisse Seiten aufsucht.

Computereinsatz im Unterricht bietet die einmalige Chance, dass wir von der Einmann/Einfrau-Show wegkommen, nicht ich als Lehrer muss alle diese neuen digitalen Geräte einsetzen, ich muss sie zwar einsetzen können, die Schüler aber sollten Computer zum individuellen Lernen einsetzen können. Dazu brauchen wir Beispiele. Im Artikel wird erwähnt, dass die Schüler die Powerpoint-Präsentation nach dem Unterricht von der Homepage holen können. Gerne würde ich hier erfahren, wo sie diese holen, wie man das organisiert hat. Welche Lernplattform verwendet man?

Besser wäre es allerdings, wenn die Schüler diese Präsentation, währenddem sie abläuft, im Computer auch vor sich haben, sie sollten sich dazu Notizen auf dem Computer machen können, sie sollten auf gewisse Folien reagieren können, also zur Mitarbeit aufgefordert werden. Dann findet keine Powerpoint-Präsentation im herkömmlichen Sinn mehr statt, sondern eine digitale Lernsituation, ein digitales Lehrgespräch.

Zum Schluss noch eine weitere Bemerkung zum Spiegel-Artikel. Ich habe die dort genannte Schule im Internet gesucht. Ich wollte wissen, was die Schule selber zu sagen hat. Nach einigem Suchen bin ich zumindest auf die Adresse des Schuldirektors gestossen, aber auf keine Homepage der Schule. Schade, ich erwarte von einer Berichterstattung doch mehr als nur einen Bericht über eine Schule, über die man dann nicht mehr erfahren kann.

Knapp 20% der britischen Webnutzer surfen mobil

Gemäss einem Beitrag in PC-Welt surfen in Grossbritanien bereits 19% mit Hilfe eines Mobilgerätes im WWW. Die Studie wurde von Telephia und comScore durchgeführt. 67% dieser Surfer sind unter 37 Jahre alt, 64% sind männlich. Den Link zur offiziellen Veröffentlichung der Resultate findet man hier. Die am häufigsten besuchten Seiten der mobilen Nutzer sind BBC, MSN, Yahoo! und Google. Die Zahlen beziehen sich auf Nutzer aus Grossbritanien und den USA im Januar dieses Jahres.

Was heisst dies für die Schule? Der persönliche Laptop wird, was die Möglichkeit der Recherche und Informationsbeschaffung betrifft, ev. überflüssig. Die Schüler werden sich auf allen möglichen Websites einloggen, Verbotenes lesen, sich in die bestehenden Netzwerke der Schule, v.a. natürlich in WLANs einloggen und all das tun, was sie mit den Laptops in den verschiedenen Schulversuchen in den USA getan haben. Diese Geräte können wir ihnen aber dann nicht so einfach wegnehmen. Man kann ihnen den Gebrauch auf dem Schulareal verbieten, was aber überhaupt nicht sinnvoll ist. Einerseits kann man das Verbot nicht wirklich durchsetzen, zumindest in grossen Schulen, andererseits müssen die Schüler ja lernen, mit diesen Geräten sinnvoll umzugehen.

Ein Laptop für jeden Schüler – nochmals

Am 6.5.07 habe ich hier bereits einen Blogeintrag zu diesem Thema gemacht. Nun hat sich am 8.5.07 also auch der Spiegel in einem Beitrag auf Spiegel online dem Thema angenommen. In diesem Beitrag wird der Artikel aus der New York Times zusammengefasst und die Ergebnissse werden ziemlich genüsslich vorgetragen. Seitdem findet man Beiträge auf verschiedenen weiteren Seiten, etwa im Lehrerfreund oder Beat Doebeli in seinem Blog. Der Spiegelartikel geht klar auf die negativen Punkte ein, die im Artikel der NYT genannt werden: Schüler brauchen den Laptop, um sich mit Spielen oder mit Pornos zu beschäftigen. Am Schluss wird zwar noch Mark Warschauer zitiert, der immerhin noch attestiert, dass die Laptop-Programme Kreativität und Selbständigkeit der Schüler fördern. Warschauer hat aber, das wird im NYT-Artikel auch geschrieben, gesagt, dass der Versuch vielleicht zu früh abgebrochen worden ist und dass die Lehrer vielleicht noch gar nicht reif für diese neuen technischen Möglichkeiten sind. Aber hier liegt doch der Punkt. Dass der Versuch gescheitert ist, könnte wesentlich durch die Lehrer selbst verursacht worden sein. Traditioneller Unterricht einfach mit Laptops erteilen, genau das funktioniert nicht. Mit diesem neuen Hilfsmittel muss der Unterricht entsprechend auch neu gestaltet werden. In einem Blogeintrag auf e-Denkarium schreibt Gabi Reinmann:

 

An sich sollten wir gescheiterten Notebook-Initiativen dankbar sein, machen Sie doch wie ein Brennglas deutlich, wo es – auch bei uns – ganz erheblich hapert: Nämlich an einer fundierten pädagogisch-didaktischen Ausbildung unserer Lehrer. Nur Lehrer, die selbst medienkompetent sind, die wissen, wo die Chancen und Risiken digitaler und mobiler Technologien liegen, die diese Werkzeuge selbst nutzen und mit ihnen so umgehen können, dass sie nicht an technischen Hürden scheitern, werden auch einen brauchbaren Notebook-Unterricht machen können. Solche Inhalte aber werden Sie in den meisten Curricula für Lehramtstudierende vergebens suchen. (…) Wir müssen zu allererst in Kompetenzen der Lehrer investieren, aber in die müssen wir investieren. Diskussionen wie die über angebliche und faktische Schwächen von Notebooks im Unterricht werden leider gerne missbraucht, um von eigentlichen Missständen in unserem Bildungssystem abzulenken und die redlichen Bemühungen einer ganze Reihe von Institutionen und Personen in Misskredit zu bringen.

Das Interview, das Gabi Reinmann dem WDR5 in der Sendung Leonardo gegeben hat kann man über einen Link auf dieser Seite anhören.